Ein Tag, der den Blick auf meine Stadt veränderte

Was alles vor einer Sturmflut in Hamburg schützt war den Schülern und Schülerinnen der Goethe-Schule-Harburg bis zum 19. September 2019 gar nicht bewusst, denn da besuchten sie im Rahmen der Hamburger Bildungswoche Wetter.Wasser.Waterkant einen Vortrag zum Thema Sturmflutschutz in Hamburg, ausgerichtet vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer. Dass auf einmal Treppen oder Dächer, von denen man dachte, sie sollen vorbeieilende Passanten vor Regen schützen, auch ganze Stadtteile wie die Hafencity vor einer Sturmflut schützen können, war ihnen nicht klar.

Hamburgs Promenade zum Hochwasserschutz am Niederhafen, Quelle: LSBG

Die Jugendlichen nehmen Platz im Container-Büro des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer. Es riecht nach Papier und man spürt die Konzentration im Raum. Im Container ist nicht sehr viel Platz, auf den Tischen stehen Getränke. Der Vortrag beginnt mit einem Bild des überfluteten Hamburger Fischmarktes. Dann folgen viele weitere Informationen über den Hafen und die historische Entwicklung der Stadt Hamburg, angefangen im 16. Jahrhundert bis zum Bau des Elbtunnels.

Der Elbtunnel wurde 1911 eröffnet. Er wurde gebaut, da der Hamburger Hafen damals schnell wuchs und man den starken Elbverkehr entlasten wollte. Der Bau war schwierig, da er unter Überdruck stattfand und die Gefahr groß war, dass Wasser in die Baustelle eindringen konnte. Gestartet wurde der Bau unter der Leitung von Otto Stockhausen im Jahr 1907. Seit 1975 heißt er auch „Alter Elbtunnel“, weil es ja mittlerweile einen zweiten Tunnel für den Autoverkehr gibt. Der Tunnel führt unter der Norderelbe mit einer Länge von 426,5 Metern entlang. Der „Alte Elbtunnel“ verbindet die Elbinsel Steinwerder mit den St. Pauli Landungsbrücken. Man kann ihn als Fußgänger, Fahrradfahrer oder mit dem Auto (an bestimmten Tagen) passieren. Er steht seit 2003 unter Denkmalschutz.

Der Vortrag ist zur Hälfte um, nun geht es um die Verbesserung des Sturmflutschutzes. Den Schülern und Schülerinnen wird deutlich, dass auch ohne den Einfluss des Menschen der Meeresspiegel um 24 cm pro 100 Jahre steigen würde. So wird der Schutz vor Sturmfluten zu einer immerwährenden Aufgabe für die Menschen an der Küste: „Durch die Erfahrung mehrerer Sturmfluten wurde der Hochwasserschutz immer wieder verbessert und erhöht. Dies passierte mit Klei“, erläutert der Mitarbeiter des Landesbetriebs. Nun geht ein Karton mit Klei durch die Reihen. Leichte Unruhe entsteht, da jede/r das Stück Klei genau begutachtet: Es ist sehr schwer, trocken, sehr bröckelig und erinnert an normale Bodenerde. Das Besondere an diesem Baumaterial ist, dass Klei nicht wasserdurchlässig ist. Außerdem bieten Grasnarben zusätzlichen Schutz.

Die wohl schlimmste Sturmflut traf Hamburg im Jahr 1962. Die große Sturmflut am 16. Februar 1962 war ein Ereignis, das wie kaum ein anderes in der Hansestadt Hamburg nach den Kriegsjahren seine Spuren hinterlassen hat. Mitten in der Nacht auf den 17. Februar rollte damals von der Nordsee eine Flutwelle über Hamburg. Sie zerstörte die Deiche, machte circa zwanzigtausend Menschen obdachlos und kostete ungefähr 350 Menschen das Leben. Dass die Deiche brechen könnten, hätte niemand für möglich gehalten. In Hamburg wurde der Notstand ausgerufen. Als alles überstanden war und die Stadt wieder aufgebaut wurde, rüstete man die Hochwasserschutzanlagen massiv auf.

Nach dem einstündigen Vortrag gehen die Schüler und Schülerinnen an die frische Luft, um sich Beispiele für Hochwasserschutzanlagen noch einmal live und in Farbe anzusehen. Draußen scheint die Sonne, es ist angenehm warm und man spürt den typischen Elbwind an der Nasenspitze. Die Jugendlichen stehen an der Schaartorschleuse. Dort wird erklärt, dass auch so ein kleiner Fluss wie die Alster, 56 km lang und eigentlich touristisches Ausflugsziel und völlig ungefährlich, ständig überwacht wird. Von der Schleuse aus sieht man die Elbphilharmonie, hört Möwen und Schiffshörner aus dem Hafen. Heute ist alles ruhig und sicher. Die Elbe zeigt sich heute nur von ihrer harmlosen Seite. Anschließend werden noch Gruppenbilder geschossen. Alle verabschieden sich voneinander, fahren mit einem Lächeln und einem neuen Blick auf ein Hamburg mit Sturmflutschutzanlagen nach Hause.

Text: Esila Celebi und Sarah Horn, Hamburg, 29.10.2019